Um gerecht zu sein, muss die Energiewende Frauen einbeziehen und stärken

4. October 2022

In der Energieschule e-Mujer in Peru lernen Frauen aus ländlichen Gebieten, wie man nachhaltige Energiesysteme wie Solarzellen und verbesserte Kochherde nutzt, installiert, wartet und vermarktet.

Foto: UNDP Peru/Jasmín Ramírez Romero

Die Versorgung mit nachhaltiger Energie verbessert das Leben von Frauen in vielerlei Hinsicht. Sie erleichtert den Zugang zu Bildung und hochwertiger Gesundheitsversorgung, eröffnet neue wirtschaftliche Möglichkeiten und verringert unbezahlte Hausarbeit und geschlechterspezifische Gewalt. Dennoch versäumt es der gesamte Sektor - von der Industrie bis hin zur Politik - allzu oft, Frauen als Energienutzerinnen, Entscheidungsträgerinnen und Akteurinnen des Wandels in die Energiewende einzubeziehen. 

Um erfolgreich zu sein, muss die Energiewende gerecht sein. Sie muss auf eine Weise erfolgen, die allen Menschen einen nachhaltigen Zugang zu Energie ermöglicht und niemanden zurücklässt. Sie muss gemeinsam mit Frauen vollzogen werden. Im Folgenden werden drei Wege aufgezeigt, wie der Sektor und die damit verbundenen politischen Maßnahmen dazu beitragen können, das Potential von Frauen für eine gerechte Energiewende freizusetzen. 

1. Beschleunigte Maßnahmen im Bereich des nachhaltigen Kochens, welcher einen großen Gesundheitsfaktor darstellt, von dem Frauen unverhältnismäßig stark betroffen sind 

Die Luftverschmutzung in den Haushalten führt weltweit jedes Jahr zu 3,8 Millionen vorzeitigen Todesfällen - fast die Hälfte aller durch Luftverschmutzung verursachten Todesfälle - von denen 60 Prozent Frauen und Kinder sind. Grund dafür ist der fehlende Zugang zu nachhaltigen Technologien und Brennstoffen zum Kochen. Hiervon ist ein Drittel der Weltbevölkerung direkt betroffen, das aber nur wenig Aufmerksamkeit und Unterstützung erhält. 2,6 Milliarden Menschen sind beim Kochen auf feste Brennstoffe angewiesen, was mit erheblichen gesundheitlichen und sozialen Kosten verbunden ist, von denen Frauen und Kinder unverhältnismäßig stark betroffen sind. Die meisten von ihnen leben in Afrika südlich der Sahara, in den ärmsten und abgelegensten Gemeinden der Welt. 

In diesen Gemeinden sind Frauen und Kinder oft für das Sammeln von Holz zum Kochen und Heizen zuständig und verbringen bis zu 18 Stunden pro Woche damit. Auf ihren Wegen sind sie oft sexueller Gewalt ausgesetzt. Außerdem atmen sie beim Kochen jeden Tag schädliche Gase von offenen Feuern oder ineffizienten Herden ein. 

Lösungen für sauberes Kochen wie elektrische oder effizientere Herde verbessern nicht nur das Leben von Milliarden von Frauen, indem sie Zeit freisetzen, die für Bildung, einkommensschaffende Maßnahmen oder Erholung und Freizeit genutzt werden kann. Sie retten auch jedes Jahr das Leben von Millionen von Frauen und Kindern.

Dennoch wird nachhaltiges Kochen allzu oft nicht als die politische Priorität angesehen, die es tatsächlich ist. Während beim Zugang zu Elektrizität in den letzten zehn Jahren große Fortschritte erzielt wurden - die Zahl der Menschen ohne Strom ging von 1,2 Milliarden im Jahr 2010 auf 759 Millionen im Jahr 2019 zurück - waren die relativen Fortschritte beim nachhaltigen Kochen viel langsamer: Die Zahl der Menschen ohne Zugang zu nachhaltigem Kochen ging seit 2010 nur von 3 Milliarden auf 2,6 Milliarden zurück. Dieser Mangel an Fortschritt hält die Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern aufrecht. Die Energiebedürfnisse von Frauen müssen ermittelt, priorisiert und angemessen berücksichtigt werden. Dazu gehört auch die Einbeziehung von Frauen in die Entwicklung und Förderung nachhaltiger Kochtechnologien, um sicherzustellen, dass diese ihren Bedürfnissen gerecht werden. 

2. Stärkung der Frauen durch neue wirtschaftliche Möglichkeiten 

Neben nachhaltigem Kochen kann der Zugang zu nachhaltiger Energie auch neue wirtschaftliche Möglichkeiten für Frauen eröffnen, indem er ihren Lebensunterhalt unterstützt und neue Einkommensquellen schafft. 

Im Jemen hat eine Gruppe von Frauen beispielsweise mit Unterstützung des UNDP ein privates Solar-Mikronetz in der Nähe der Konfliktfront errichtet, das ihrer Gemeinde die dringend benötigte Elektrizität bringt und gleichzeitig ein Einkommen erwirtschaftet und die Grenzen zwischen den Geschlechtern verschiebt. In Peru bildet eine Energieschule Frauen zu Unternehmerinnen für nachhaltige Energie aus, indem sie ihnen beibringt, wie man Solaranlagen und verbesserte Kochherde installiert, wartet und vermarktet. In Indien, in dem abgelegenen Dorf Khunti in Jharkhand, stellen Unternehmerinnen mittels solarbetriebener elektrischer Nähmaschinen Gesichtsmasken und Damenbinden her. So können sie ein Einkommen erzielen und gleichzeitig Frauen in ländlichen Gebieten mit dringend benötigten Menstruationshygieneprodukten versorgen.  

Der Zugang zu nachhaltiger Energie ist ein wirksames Mittel, um die sozioökonomische Entwicklung so voranzutreiben, dass Ungleichheiten abgebaut und die Resilienz von Frauen gestärkt werden, insbesondere wenn die Energie produktiv genutzt werden kann. Wenn diese geschlechterspezifische Perspektive vorgesehen und in nachhaltige Energieprojekte und -politiken einbezogen wird, werden diese für die gesamte Gemeinschaft transformativ. 

3. Verbesserung der Repräsentation von Frauen auf allen Ebenen des Sektors für nachhaltige Energie

Der Energiebereich ist einer der Sektoren mit der niedrigsten Frauenquote – auch wenn der Sektor der erneuerbaren Energien besser abschneidet als der Sektor der fossilen Brennstoffe: Frauen machen durchschnittlich 32 Prozent der Beschäftigten im Bereich der erneuerbaren Energien aus, verglichen mit durchschnittlich 22 Prozent im Öl- und Gassektor. 

Während jedoch erwartet wird, dass die Energiewende bis 2030 weltweit 30 Millionen Arbeitsplätze schaffen wird, zeigen aktuelle Prognosen, dass der Anteil der Frauen im Sektor der nachhaltigen Energie sinken wird, weil in den Teilsektoren wie z. B. Baugewerbe und Elektromaschinenbau, die die entsprechende Arbeitsplatzschaffung vorantreiben, am wenigsten Frauen vertreten sind. 

Der Sektor der nachhaltigen Energie muss mehr tun, um die Hindernisse zu erkennen und zu beseitigen, die Frauen daran hindern, in den Sektor einzusteigen und dort erfolgreich zu sein. 

Um gerecht und wirksam zu sein, muss die Energiewende gemeinsam mit allen Teilen der Gesellschaft und in einer Weise vollzogen werden, die den Bedürfnissen und Präferenzen von Frauen gerecht wird. Frauen müssen als Akteure des Wandels einbezogen werden und nicht nur als passive Nutzerinnen. Die UNDP-Strategie für Gleichstellung und Energie stellt sicher, dass die Gleichstellung der Geschlechter eine Säule unserer Programmplanung im Energiebereich ist und in jede Politikberatung und jedes Programm einfließt, mit dem wir Länder unterstützen. 

Dieser Artikel wurde ursprünglich von Inter Press Service veröffentlicht.

Die englische Version des Artikels erschien am 22. März 2022.